Jetzt funkeln sie wieder als Symbol dafür, dass die Erinnerung nie unter einer Staubschicht verschwinden darf. Vertreter des parteiübergreifenden Bündnis „Weinheim bleibt bunt“ haben am Dienstag, 22. Oktober, dem Jahrestag der Deportation badischer Juden ins Konzentrationslager Gurs gedacht. Die Vertreibung von Weinheim aus fand am 22. Oktober 1940 statt. Das Bunte Weinheim hatte Bürgerinnen und Bürger eingeladen, an fünf Standorten in der Weinheimer Innenstadt jüdischen Menschen zu gedenken, die dort gelebt hatten.
Bei seiner Begrüßung und Einführung beschrieb Roland Kern, Weinheims Pressesprecher und Mitglied im Bündnis „Weinheim bleibt bunt“, dass in Weinheim 48 Stolpersteine gesetzt sind. Sie sind Teil des Projektes des Künstlers Gunter Demnig, der mittlerweile bereits in 21 Ländern Europas Stolpersteine verlegt hat. Kern erinnerte daran, dass sich in Weinheim im Jahr 2005 eine Gruppe von vier Personen gebildet hatte, die anregten, in Weinheim Stolpersteine für die Opfer des Nationalsozialismus zu verlegen. Es waren: Hans Bayer, Hermann Freudenberg, Erika Heuser und Carsten Lucas.
Neben der Erinnerung an den Orten war noch eine andere symbolische Handlung wichtig: Das Reinigen der Steine, damit sie niemals unter einer „Patina des Vergessens“ verschwinden, wie es Roland Kern formulierte.
Stadtarchivarin Andrea Rößler, die für den Rundgang die historischen Daten und Biografien der Familien recherchiert und bereitgestellt hatte, berichtete von den Umständen im Lager Gurs. Im Winter 1940/41 wurde dort der Tod schon zum alltäglichen Begleiter. Die Menschen starben vor allem durch Hunger und Krankheiten. Zum historischen Hintergrund beschrieb sie, wie auf der Wannsee-Konferenz im Januar 1942 von der NS-Führung die sogenannte „Endlösung der Judenfrage“ organisiert worden war. Das hieß: Alle Juden im deutschen Machtbereich sollten in den Vernichtungslagern im Osten „sonderbehandelt“, sprich ermordet, werden. Im August desselben Jahres rollte bereits der erste Transport mit Insassen des Lagers Gurs über die Zwischenstation Drancy bei Paris nach Auschwitz. Fast 4000 Juden aus Gurs wurden dort umgebracht.
Musikalisch begleitet von Doc Ulf Wittenberg an einem der Klarinette ähnlichen Xaphoons zog die Gruppe vom Rodensteiner Brunnen zu Stolpersteinen in der Hauptstraße, der Lindenstraße, der Tannenstraße und der Friedrichstraße. Dort schilderten Vertreter des „Bunten Weinheim“, darunter auch der gebürtige Iraner Laith Mtithy, jeweils die Biografien der Menschen, die dort gelebt haben. Es waren: Arthur Auerbacher, Johanna Auerbacher, Berthold Auerbacher, Herbert Auerbacher, Emma Lehmann, geborene Götter, Friederike Oppenheimer, geborene Lehmann, Max Neu, Hannchen Neu, Heinrich Weil, Clementine Weil, geborene Lederer, Ludwig Altstädter, Karolina Altstädter, geb. Hirsch, Ludwig Altstädter, Louis Oppenheimer, Henny Oppenheimer und Regina Oppenheimer sowie Salomon Marx; Therese Marx, geborene Krämer, Heinrich Rosenberg und Selma Rosenberg.
Pressemitteilung der Stadt Weinheim, 23. Oktober 2024