Haben wir bislang über Prioritäten gesprochen, müssen wir sie jetzt setzen.“ Mit Sätzen wie diesem hat Weinheims Oberbürgermeister Manuel Just am Mittwochabend den Gemeinderat bei der Einbringung des Haushalts 2024 auf härtere Zeiten vorbereitet. Zwar kommt das Zahlenwerk diesmal noch ohne eine Neuverschuldung aus und ohne eine Steuererhöhung, aber die nähere Zukunft für die Weinheimer Finanzen sieht nicht rosig aus. Die Eckwerte des Haushalts geben dem Verwaltungschef und Kämmerer Jörg Soballa wenig Anlass zur Zufriedenheit – noch weniger als in den Vorjahren.

Höhere Personalausgaben erforderlich

„Auch wenn wir eine Erhöhung der städtischen Einnahmen gut vertragen könnten, wissen wir um die hohe Belastung unserer Bürgerinnen und Bürger und um die Konkurrenzsituation bei den Unternehmen“, so der OB. Allerdings könne er für die Zukunft nichts versprechen. Just: „Der Weg wird steiniger, das steht fest.“

Wie Kämmerer Soballa in seinem Teil der Haushaltseinbringung vorrechnete, schließt der Haushaltsplanentwurf 2024 im Ergebnishaushalt mit ordentlichen Erträgen von rund 153 Millionen Euro und ordentlichen Aufwendungen von rund 171 Millionen Euro ab. Für einen ausgeglichenen Ergebnishaushalt fehlen rund 18,5 Millionen Euro.

Das liegt, so OB und Kämmerer. im Wesentlichen an zwei großen Positionen – den Personalaufwendungen und dem Finanzausgleich, die den Haushalt mit rund 6,6 Millionen Euro zusätzlich belasten. Die Personalaufwendungen erhöhen sich um rund fünf Millionen Euro.

Das liege zum einen an dem im Jahr 2023 vereinbarten hohen Tarifabschluss, der für den OB aber auch eine zweite Seite der Medaille hat: „Auch wenn die Kosten erst einmal schmerzen, hat der Abschluss ein deutliches Zeichen für die Gewinnung und Bindung von Fachkräften gesetzt.“

Die Verwaltung plant aber auch mit zehn weitere Personalstellen, die nötig seien, so Just, „um unsere Aufgaben weiterhin erledigen zu können“.

Gleichzeitig spürt die Stadt die schwache Konjunktur durch einen Einbruch bei den Anteilen der Einkommensteuer um rund 1,9 Millionen Euro. Andere Steueranteile und Zuweisungen reduzieren sich ebenfalls:  In Summe erhält Weinheim im Vergleich zu den in der Finanzplanung 2023 für 2024 fortgeschriebenen Beträgen rund 2,6 Millionen Euro weniger. Beispiel Kreisumlage: Im Vergleich zu vor zehn Jahren zahlt die Stadt mittlerweile rund doppelt so viel –  fast 28 Millionen Euro.

„Verdammt viel vor“

Der Oberbürgermeister benannte auch Beispiele, wo große Teile der laufenden Kosten entstehen: „Unser Museum, die verschiedenen Bäder, die Angebote der Musik- und Volkshochschule, aber auch die Leistungen unserer Stadtbibliothek zählen beispielsweise dazu, das Übergangsmanagement Schule/Beruf.“ Und besonders: „So selbstverständliche Dinge wie ein Kindergartenplatz oder eine angemessene Auswahl an Schulen und Grundschulbetreuung.“  Just betonte aber auch: „Wir können zu Recht stolz darauf sein, was wir mit dem in unserer Stadt über all die Jahre aufgebaut haben, aber zur Wahrheit gehört eben auch, dass wir hierfür tief in unsere Tasche greifen müssen.“ 

Die hohe Zahl der Planungen – sei es beim ÖPNV oder für Unterbringungsmöglichkeiten für Flüchtlinge und Obdachlose – binde ebenfalls Personal, ebenso der Klimaschutz. Aber im Grundsatz habe die Stadt Weinheim „immer noch einen Haushalt, der sich sehen lassen kann“.

Und man habe viel vor der Brust. Allein im Jahre 2024 hat die Stadt Investitionen von 37,7 Millionen Euro eingeplant. Bis 2027 addieren sich die Beträge zwischenzeitlich auf 103,3 Millionen Euro. Just: „Wir haben verdammt viel vor.“

Konkret: Fünf Millionen Euro für eine Flüchtlingsunterkunft am Schleimweg in Sulzbach. Desweiteren drei Planungsraten von je 500 000 Euro für weitere Wohngebäude an drei verschiedenen Standorten. Die Mittel für die eigentlichen Baumaßnahmen sollen dann im Haushalt 2025 eingeplant werden.

Große Brocken: KiTa Kuhweid, DBS-Halle, Dulger-Bad

Außerdem: Für den Neubau des Kindergartens Kuhweid 11,8 Millionen Euro,

drei Millionen Euro davon in 2024. Die Sanierung der Sporthalle der Dietrich-Bonhoeffer-Schule mit 6,8 Millionen Euro als investive Maßnahme. Allerdings ist der Umfang der Maßnahme deutlich erweitert worden und wird damit erheblich teurer, insbesondere durch Maßnahmen zur Energie-Einsparung – und damit für den Klimaschutz.

Für die Sanierung des Viktor-Dulger-Bads in Hohensachsen benötige man einen besonders kräftigen Schluck aus der Pulle. Die knapp sechs Millionen Euro, die ursprünglich veranschlagt waren, werden bei weitem nicht ausreichen. Sämtliche Investitionen in die Infrastruktur der Stadt werden fortgeführt, betonte der OB. Die Förderung des Mietwohnungsbaus im Gebiet Allmendäcker werde man auf fast fünf Millionen Euro deutlich aufstocken müssen.

Dank der aktuell noch hohen Liquidität, so Just, benötige man für das Haushaltsjahr 2024 noch keine Kredite. Aber das werde sich ändern, gab er ehrlich zu: Für den Finanzplanungszeitraum bis 2028 müsse die Stadt zur Sicherstellung einer ausreichenden Liquidität rund 30 Millionen Euro für Kreditaufnahmen einplanen.

Unter anderem, weil dann weitere Investitionen in neue Kindergärten erforderlich sind. „Ein Weiter so können wir uns nicht leisten“, gab der OB zu. Anders ausgedrückt: „Bislang konnten wir Rücklagen auffüllen. Jetzt müssen wir diese Rücklagen leider wieder plündern.“

Manuel Just sparte nicht mit Kritik an Bund und Land und erklärte: „Auch wenn ich davon überzeugt bin, dass das Vertrauen der Menschen in die Kommunalpolitik

immer noch überdurchschnittlich ist, fällt es auf der örtlichen Ebene zunehmend

schwer, unseren Staat zu erklären. Politische Ziele sind nicht dann erreicht,

wenn sie im Gesetzblatt stehen, sondern wenn sie vor Ort in den Städten und Gemeinden auch leistbar und umsetzbar sind.“

Verschuldung sinkt nochmal

Kämmerer Jörg Soballa erläuterte und konkretisierte die Einschätzungen des OB. Er erklärte, dass die Ansätze für Personalaufwendungen dann auf 47,3 Millionen Euro steigen. Die mit Abstand größte Position auf der Aufwandseite bleiben die so genannten Transferaufwendungen, also die Zuschüsse und Abgaben an andere Stellen (Gesamt rund 78,5 Millionen Euro), etwa bei der Kreisumlage und der Finanzausgleich-Umlage. Bei den Zuschüssen an Kindergärten, die Musik- und Volkshochschule und an andere Vereine sind rund 19,5 Millionen Euro eingeplant.

Dennoch gelinge es, Schulden noch einmal abzubauen, so der Kämmerer. Der voraussichtliche Schuldenstand zum 1. Januar 2024 beträgt 25,87 Mio. Euro. Ende 2024 sollen sich die Schulden noch auf rund 24,3 Millionen Euro belaufen. Dies würde eine voraussichtliche Pro-Kopf-Verschuldung zum Jahresbeginn 2024 von 570 Euro bedeuten, zum Jahresende 2024 von 535 Euro.

Neue Kredite ab 2025

Allerdings: Das geht nur durch einen „gewaltigen Griff in unser Stadtsäckel, der nicht ohne negative Folgen bleibt“, wie Soballa erklärte. Denn nach der Planung für 2024 ergibt sich eine Reduzierung des Finanzierungsmittelbestands um rund 49 Milllionen Euro.

Nach den vorläufigen Rechnungsergebnissen bis zum Jahresende 2023 sei ein

Stand an liquiden Eigenmitteln von rund 71,1 Millionen Euro erreicht. Zum Jahresende 2024 ergebe sich dann allerdings ein Finanzierungsmittelbestand von 22 Millionen Euro. Soballa unumwunden: „Um im Finanzplanungszeitraum über ausreichend Finanzierungsmittel zu verfügen, müssen ab dem Jahr 2025 Darlehen veranschlagt werden.“ Nötig werden wohl rund 30 Millionen Euro bis 2028.

Pressemitteilung der Stadt Weinheim, 29. November 2023

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