Es ist unglaublich, wie präsent diese Frau in ihrem Ort und für ihren Ort ist: Wenn Doris Falter, Ortsvorsteherin von Lützelsachsen, Ortschaftsrätin und Stadträtin, am Freitag, 16. Juli, tatsächlich ihren 70. Geburtstag feiert, jung geblieben und aufgedreht wie eh‘ und je, dann wird sie auch an ihrem Ehrentag kaum zur Ruhe kommen. Sie wird aufstehen, umhereilen, ihre Gäste begrüßen, Hände schütteln, plaudern, von neuen Ideen schwärmen, rastlos sein für ihr Heimatdorf, das längst kein Dorf mehr ist, sondern Weinheims größter Ortsteil. Es gibt Gemeinden, die sind deutlich kleiner und werden von einer hauptamtlichen Bürgermeister-Kraft geführt. Doris Falter macht den Job ehrenamtlich.
Das ist eigentlich praktisch, denn nach Arbeitszeit könnte man sie sowieso nicht entlohnen. Denn ihr Herz, ihr Verstand und ihre Seele gehören eigentlich rund um die Uhr dieser Aufgabe, die auch ihr Leben bedeutet. Doris Falter ist in Lützelsachsen geboren und aufgewachsen, sie war Weinkönigin, hat dort bei der Bezirkssparkasse gelernt, hat ihre Tochter bekommen, sieht ihre Enkeltochter Valentina aufwachsen, musste ihren lieben Mann Norbert nach langer schwerer Krankheit beerdigen, fasste neuen Lebensmut, reibt sich an ihrem „Saase“ auf und saugt es auf wie ein Schwamm. Doris Falter brennt für ihren Ort und ihre Aufgabe. Wenn heute eine feindliche Armee käme, sie würde sich wie Jeanne d’Arc ans Ortsschild stellen, um ihr Land zu verteidigen.
Sie scheint überall zu sein. Ständig hat sie neue Ideen: Offenes Bücherregal, ein kleines Heimatmuseum, Foodsharing-Regal, Obstlehrpfad, Führungen für Neubürger (die sie selbstverständlich selbst führt), Mundartbücher, Ausstellungen – die Ortsvorsteherin ist immer vorne dabei. Sie ist ein wandelndes Geschichtsbuch der Saasemer Vergangenheit, kann sich beeindruckend an Details erinnern und erzählt mit ansteckender Begeisterung. Dazu kommt ein gewaltiges Netzwerk, das sich scheinbar über den ganzen Ort legt – „Ebene“ eingeschlossen. Man hat den Eindruck, die eine Hälfte sei verwandt, die andere gut bekannt. Daher auch: Wenn die Ortsvorsteherin jemanden um eine Zuwendung für einen guten Zweck bittet, ein soziales Projekt oder wie neulich neue Bänke am Geiersbergkopf, kann keiner nein sagen.
Dabei wäre es ein Trugschluss zu denken, jemand der so heimatverbunden ist, müsse automatisch engstirnig sein. Als „Saase“ im Herbst 2015 für Flüchtlinge aus Syrien und Afghanistan die Winzerhalle leerräumte, gehörte die Ortsvorsteherin zu den Menschen, die sich um die Ankömmlinge besonders kümmerte. Wer sich mit ihr unterhält, merkt schnell, wie belesen und kunstbeflissen sie ist. Doris Falter hat übrigens immer einen Tag vor Angela Merkel Geburtstag. Darauf verweist sie schmunzelnd. Die Kanzlerin feiert am Wochenende ihren letzten Geburtstag im Amt. Doris Falter bleibt.
(Pressemitteilung der Stadt Weinheim, 14. Juli 2021)