Die Zahlen sind beeindruckend. Seit 21Jahren bietet Franz Piva in Weinheim, seiner Heimatstadt, Stadtführungen an. In diesen Jahren hat er fast 4000 Mal Menschen zu den Sehenswürdigkeiten unter den Burgen geführt, oft mit einem besonderen Motto. Insgesamt sind im rund 71 800 Menschen gefolgt, mal trug er ein historisches Gewand, mal eine brennende Fackel. In dieser Zeit ist Piva, heute 86 Jahre alt, zum Urgestein und zur Gallionsfigur unter den Weinheimer Stadtführern des Weinheimer Stadttourismus geworden. Wenn man pro Führung etwa zwei Kilometer Wegstrecke rechnet, hat Franz Piva in dieser Zeit seit 1984 rund 8000 Kilometer durch Weinheim zurückgelegt, das ist in etwa die Entfernung von Weinheim nach China. Jetzt tritt der 86-jährige wortgewandte und gesellige Hobby-Historiker altersgemäß kürzer.
Am 1. November – Allerheiligen – holt er zum letzten Mal bei einer öffentlich ausgeschriebenen Stadtführung die Katze aus dem Sack; die Sprichwörterführung war seine Idee. Dann bietet er noch einige Führungen zu Weihnachtsbräuchen an, eine musikalische und eine mit Torsten Fetzner und Markus Weber für einen guten Zweck, ab 2026 will er nur noch antreten, wenn bei der Tourist-Info ausdrücklich nach ihm angefragt wird.
Zweifellos geht eine Ära zu Ende, in der Franz Piva seinen Anteil daran hatte, dass Weinheim mit seinen Stadtführungen so beliebt ist. Viele Gruppen haben stets nach ihm gefragt, hinterher Fanpost verschickt. Es gab Jahre, da leitete er über 300 Stadtführungen im Jahr. Manche Reisegruppen kamen wegen ihm, zum Beispiel zehn Jahre hintereinander die Altenhilfe aus Ingelheim am Rhein. Etliche Weinheimer Stadtführungen sind „auf seinem Mist gewachsen“, wie er gerne ein Sprichwort bemüht: Die Kleinode, die Fackelführungen für Erwachsene und Kinder, die Brauchtumsführungen zu Weihnachten und Ostern, zu den Historischen Wirtschaften, durch die Weststadt, über die Rodensteiner-Sagen, durch das Sechs-Mühlen-Tal – der Kreativität des gelernten Kaufmanns war grenzenlos. Mit seiner charmanten Art öffnete er Türen, zum Beispiel in die Ulner Kapelle, in den Büdinger Hof und sogar ins Mausoleum der Familie von Berckheim im Schlosspark. Man schätzt seine Gabe, Geschichten zu erzählen, ebenso seinen Humor, der manchmal augenzwinkernd, manchmal auch ein bisschen deftig ausfallen kann. Franz Piva passte seine Führungen stets den Besuchergruppen an. Sowohl die „Katze im Sack“ als auch „Rund ums Schloss“ gibt es auf seine Anregung hin auch in einer barrierefreien Variante.
Schon sein Zugang zu der Tätigkeit ist eine Anekdote: Piva war zwei Jahre im Ruhestand, hielt sich viel zuhause auf im schnuckeligen Häuschen am Hutplatz, pflegte seinen legendären Weinkeller, als seine Frau in der Zeitung eine Annonce las: Die Tourist-Info suche Stadtführer mit Interesse für Weinheimer Lokalgeschichte und der Lust zu plaudern. Da witterte Frau Piva die Chance, ihrem Mann eine sinnvolle Unruhestands-Beschäftigung zu ermöglichen und gab kurzerhand für ihn eine Bewerbung ab. Daraus wurde ein Vierteljahrhundert.
Franz Piva hat aber auch einen großen Anteil daran, dass Weinheim nach seinem Teil-Rückzug nicht führungslos ist. Gut ein Dutzend Stadtführerinnen und Stadtführer sind in seine Fußstapfen getreten, gehen eigene Pfade auf den Spuren beispielsweise der Kurfürsten oder den Frauengeschichten, mit Taschenlampen oder der Nachtwächter-Laterne. Die meisten von ihnen fanden jetzt die Zeit zu einer kleinen Verabschiedungsfeier im Rathaus, bei der Stadttourismusleiterin Cornelia Eicher ein Präsent mit dickem Dankeschön überreichte.
Ganz der Franz berichtete Piva schon von neuen Projekten, die er im Kopf hat. Er will mit einem Bildervortrag bei Vereinen oder in Seniorenheimen die Menschen besuchen und „Stadtführungen“ nach Hause bringen.
Pressemitteilung der Stadt Weinheim, 29. Oktober 2025