Die ehemals triste und als „Schmuddelkanal“ bekannte Unterführung am Bahnhof Weinheim hat eine farbenfrohe Metamorphose erfahren. Acht der renommiertesten Graffiti-Künstlerinnen und -Künstler aus Baden-Württemberg haben die Wände der Passage in ein phantasievolles Kunstwerk verwandelt – unter dem Titel „Exotenwald“. Die Zusammenarbeit der Stadt Weinheim mit der Deutschen Bahn (DB) macht es möglich: Urban Art in höchster Qualität – legal, professionell, dauerhaft.
„Es ist beeindruckend, was hier entstanden ist“, sagt Bernd Eishold, der als Projektorganisator aus Heilbronn fungierte. Seit vielen Jahren arbeitet Eishold professionell mit Kindern und Jugendlichen, oft auch im sozialpädagogischen Kontext. In der Sprayer-Szene ist er bestens vernetzt und konnte dadurch echte Größen der Urban-Art-Szene gewinnen – Namen, die man normalerweise gar nicht buchen kann. „Dass sie zugesagt haben, ist nicht selbstverständlich. Es war ihnen eine Ehre, weil die Stadt Weinheim hier große Offenheit und Flexibilität gezeigt hat“, betont Eishold.
Die Stadt und die Bahn hatten schon zu Beginn des Jahres die Notwendigkeit erkannt, die Unterführung neu zu denken – nicht nur optisch, sondern auch im Hinblick auf die subjektive Sicherheit. Die DB leistete dabei intensive Vorarbeit: Die Wände wurden professionell gereinigt, grundiert und entsprechend den Vorgaben der Künstler vorbereitet. In dieser Woche folgt noch eine bundesweite Grundreinigung der gesamten Anlage, bei der die Kunstwerke selbstverständlich unversehrt bleiben.
Der Exotenwald – so das künstlerische Leitmotiv – erlaubt freie Interpretation. Es handelt sich um reine Fantasie-Motive, ohne Anspruch auf reale Abbildung. „Die Graffiti sprechen verschiedene Ebenen an“, sagt Eishold. „Kenner der Szene erkennen versteckte Tags und Feinheiten. Aber auch jeder Spaziergänger oder Pendler kann in diesen Bildern etwas entdecken – es lohnt sich, genauer hinzusehen.“
Dass alle acht Kunstschaffenden aus Baden-Württemberg stammen, war kein Zufall: Im Rahmen der Heimattage Baden-Württemberg 2025 wurde darauf geachtet, einen starken regionalen Bezug herzustellen. Die Werke bleiben mindestens zwei Jahre bestehen. Eine Hälfte der Passage steht unter Denkmalschutz und bleibt im Originalzustand, während die andere zur Leinwand wurde.
Die Verhältnisse vor Ort machten das Projekt allerdings zu einer echten Herausforderung: Die Wände der Unterführung waren mit Moos bewachsen, die Luft roch muffig, und die Flächen lagen teilweise inmitten verwilderter Grünzonen. „Es war Knochenarbeit“, sagt Eishold. „Aber alle Beteiligten haben in der kurzen Zeit das Maximum rausgeholt – pünktlich vor den Festwochenenden.“
Die Stadt Weinheim beteiligte sich mit rund 5.000 Euro an den Materialkosten. „Das meiste floss in Farben – über 500 Dosen wurden eingesetzt“, erklärt Eishold. Trotz des geringen Budgets konnte ein künstlerisches Niveau realisiert werden, das in dieser Form sonst kaum bezahlbar wäre.
Die Graffiti wurden nicht nur künstlerisch wertvoll umgesetzt, sondern stärken auch das Sicherheitsgefühl in der Unterführung, wie es die Deutsche Bahn als Ziel formulierte. Das Vertrauen zwischen Stadt, Bahn und Künstlern spielte dabei eine zentrale Rolle. „Hier herrschte echtes gegenseitiges Vertrauen – das war die Basis für diese Qualität und Freiheit.“
Pressemitteilung der Stadt Weinheim, 14. April 2025