Das nennt man eine pragmatische Lösung: Das Tiefbauamt der Stadt Weinheim bestückt derzeit die Tiefpunkte am Damm des Landgrabens zum Wohngebiet Ofling mit Sandsäcken, um Häuser dort im Weinheimer Südwesten bis zu einem „HQ100“ zu schützen – so nennt man ein Hochwasserereignis mit einer statistischen Wiederkehrwahrscheinlichkeit von 100 Jahren.

Insgesamt  werden noch vor Weihnachten rund 400 Sandsäcke zur Erhöhung des Walls ausgebracht. Jeder Sandsack hat ein Volumen von etwa 25 Liter. Für die Arbeiten ist ein Arbeitstag vorgesehen. „Das ist vielfach erprobt und wirkungsvoll“, betont Tiefbauamtsleiter Udo Wolf.

Die Sandsack-Idee wurde im Tiefbauamt der Stadt Weinheim entwickelt und ist mit den Anwohnern der Ofling abgesprochen; sie entstand, weil sich alle anderen Varianten als nicht kurzfristig umsetzbar herausgestellt haben. „Planungen in der Schublade halten das Wasser aber nicht auf“, erklärte Weinheims Bürgermeister Andreas Buske und bestärkte seine Tiefbau-Ingenieure in ihrer Herangehensweise.

In den zurückliegenden Monaten hatte das Tiefbauamt verschiedene Varianten geprüft. Ergebnis: Alle technischen und baulichen Eingriffe am Damm setzen zunächst ein wasserrechtliches Genehmigungsverfahren in Gang. Die Verfahrensdauer könnte dabei im ungünstigsten Fall durch mögliche Widersprüche, Enteignungen, naturschutzfachliche Untersuchungen und andere Unwägbarkeiten bis zu zehn Jahre betragen. Diese Zeit wollen weder die Stadtverwaltung noch die Anwohner verstreichen lassen. Im Hintergrund laufen die Vorbereitungen für diese langfristige Variante aber weiter, betonte Buske. Der Gemeinderat soll hierzu im Laufe des Jahres 2024 Beschlüsse fassen. Eine zwischenzeitlich diskutierte Variante, bei Hochwasser den Landgraben auf die westlich gelegenen Flächen in Richtung Autobahn abzuleiten, wurde von den Fachleuten wieder verworfen: Genehmigungsrechtlich schwierig, mit 1,2 Millionen Euro Baukosten zu teuer – und wäre dennoch keine endgültige Lösung gewesen.

Die Wohnbebauung im Stadtteil Ofling ist gemäß den auf Modellberechnungen und örtlichen Vermessungen beruhenden Hochwassergefahrenkarten des Landes Baden-Württemberg ab einem Hochwasser mit einer statistischen Wiederkehrwahrscheinlichkeit von 50 Jahren (sogenanntes 50-jährliches Hochwasser/„HQ50“) von Überschwemmungen aus dem Landgraben betroffen.

Das Tiefbauamt weist allerdings auf die rechtliche Situation hin: „Unabhängig von der letztlich umzusetzenden, endgültigen Variante wird die Wohnbebauung im Stadtteil Ofling weiterhin Hochwasserrisikogebiet sein.“ Gegenwärtig und auch zukünftig stehen die Immobilien hinter einer technischen Hochwasserschutzeinrichtung, wie der Damm in der Ingenieursprache heißt. Solche Einrichtungen böten aber nur Schutz bis zu einem auf gesetzlichen Grundlagen beruhenden und nach den anerkannten Regeln der Technik angenommenen Hochwasserereignis, also am Landgraben bis „HQ100“. Bei darüberhinausgehenden, statistisch seltener auftretenden Ereignissen sei weiterhin mit Überflutungen zu rechnen. Daher sei gemäß des Wasserhaushaltsgesetzes jede Person, die von Hochwasser betroffen sein kann, zur individuellen Eigenvorsorge vor Hochwassergefahren zur Schadensminimierung verpflichtet.

Die Hochwassergefahrenkarten für ganz Baden-Württemberg können im Internet unter www.hochwasserbw.de eingesehen werden. Die Darstellung erfolgt dort grundstücksscharf und lässt sich um die rechnerisch ermittelten Überflutungstiefen erweitern.

Pressemitteilung der Stadt Weinheim, 15. Dezember 2023

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