Vor 50 Jahren ist Weinheim größer und reicher geworden. Nicht unbedingt an finanziellen Mitteln, aber an Kulturen und Traditionen, sowie an Meinungsvielfalt und Diskussionsfreudigkeit. Denn mit dem Jahr 1973 – also vor einem halben Jahrhundert – endete eine rund zwei Jahre dauernde Vorbereitung der Eingemeindung der früher eigenständigen Bergstraßenorte Sulzbach, Lützelsachsen und Hohensachsen sowie der Odenwalddörfer Rippenweier, Ritschweier und Oberflockenbach. Im Laufe des Jahres 1972 hatten sich die Bürgerinnen und Bürger dort für eine Eingemeindung nach Weinheim ausgesprochen. Im Januar 1973 war dann in Weinheim die landesweite Gebiets- und Gemeindereform umgesetzt.

Diese „Goldene Hochzeit“ feierte die Stadt mit Vertretern aller Ortsteile am Sonntag in der Stadthalle. Mehr als 500 Menschen waren der Einladung gefolgt und erlebten einen kurzweiligen Vormittag, der von kulturellen Beiträgen aus den Ortschaften ebenso geprägt war wie von Zeitzeugen, die ihre Erinnerungen über Video-Einspieler auf großer Leinwand berichteten.

Und von politischen Einordnungen. Die Festansprache wollte eigentlich Weinheims Oberbürgermeister Manuel Just halten. Doch der OB bekam im wahrsten Sinne des Wortes einen Strich durch die Rechnung gemacht – er war an Corona erkrankt. In einer improvisierten Videobotschaft  betonte er, das Jubiläum sei ein großer Tag für Weinheim. Der besondere Reiz Weinheims bestehe auch darin, sowohl Stadt als auch Dorf zu sein.

In seiner Vertretung blickte Bürgermeister Dr. Torsten Fetzner zurück auf den Anfang der 1970er-Jahre, als sich zunächst die Waid und die Ofling der Stadt Weinheim anschlossen, ehe die sechs Ortsteile hinzukamen. Heute wäre ein solcher Kraftakt angesichts der überbordenden Bürokratie kaum noch vorstellbar, so Fetzner, auch wenn die interkommunale Zusammenarbeit gerade jetzt wichtiger denn je sei, um die Infrastruktur und die Lebensqualität zu erhalten.

Lützelsachsens Ortsvorsteherin Doris Falter, die stellvertretend für die sechs Ortsvorsteherinnen und Ortsvorsteher sprach, brachte es auf den Punkt: „Heute sind wir vom Kopf her Weinheimer, aber vom Herzen her weiterhin Sulzbacher, Lützelsachsener, Hohensachsener, Rippenweierer, Oberflockenbacher und Ritschweierer.“

Schon aus den Video-Einspielern der Zeitzeugen wurde klar, dass die Bilanz nach 50 Jahren Eingemeindung überaus positiv ausfällt. Die Weinheimer Pressestelle hatte im Vorfeld des Festaktes Damen und Herren interviewt, die sich an die Eingemeindung und die vorausgegangenen Diskussionen noch gut erinnern können. Zu hören und zu sehen waren (und sind auf www.weinheim.de)  Hermann Hilkert und Karl Zöller aus Sulzbach, Reiner Fath und Fritz Hartenbach aus Oberflockenbach, Heide Hörr und Heinz Seitz aus Lützelsachsen, Josef Engert aus Hohensachsen, Maria Dörsam, Gertrud Deobald und Elisabeth Laible aus Rippenweier sowie Kurt Schork und Norbert Kippenhan aus Ritschweier.

Das über zweistündige Programm wurde von Vereinen und Gruppen aus allen Ortsteilen gestaltet. Der Spielmannszug der Freiwilligen Feuerwehr Sulzbach umrahmte das Programm, es folgten drei Chöre des Sängerbundes Oberflockenbach, die das Publikum mit dem Lied „Eine neue Liebe ist wie ein neues Leben“ im Handumdrehen zum Mitklatschen animierten. Das galt auch für die „Lützelsachsener Weltpremiere“, bei der zum ersten Mal die Kulissenschieber und die Kirchenmäuse gemeinsam auf einer Bühne agierten, mit einer lustigen Gerichtsverhandlung über einen vermeintlichen Weindiebstahl, aber auch für die Sportlerinnen der SG Hohensachsen, die mit ihrer „Drums-alive-Performance“ gute Laune verbreiteten. Viel Beifall gab es für den eigens zu diesem Anlass gebildeten Projektchor aus Rippenweier, der den Kerweparre gleich mitgebracht hatte: „Früher waren wir zwar frei, aber arm“, lieferte er die Begründung dafür, warum damals die Zustimmung zur Eingemeindung in Rippenweier mit 78,4 Prozent am größten war. Weinheims kleinsten – „und schönsten“ – Ortsteil Ritschweier präsentierten Maximilian Schmitt und Joshua Jarzombek in einer abwechslungsreichen Bilderschau. Dr. Markus Weber war es schließlich vorbehalten, den Gästen auf höchst unterhaltsame Weise zu erklären, was Weinheim und die Ortsteile in jedem Fall verbindet – der Dialekt.

Nach dem Festakt standen die Gäste noch lange im Foyer beieinander, prosteten sich mit Hohensachsener Wein und Woinemer Bier zu und naschten Snacks aus der Küche der Oberflockenbacher „Rose“ und der Hohensachsener Metzgerei Wolf.

Pressemitteilung der Stadt Weinheim, 30. Januar 2023

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