Sie blitzt blau und wenn sie ihre Klappen öffnet, kommen große Monitore zum Vorschein. Die neue Ape, die als Medien-Info-Mobil in Weinheim eingesetzt werden soll, begrüßte am Mittwoch im Foyer der Stadthalle die Mitglieder des Sozialausschusses. Die Ape im lässigen italienischen Piaggo-Stil ist das neue Medienmobil, mit dessen Hilfe ältere Menschen mit modernen Medien vertraut gemacht werden können. Das Medienmobil mit technischem Inneren wurde jetzt im Ausschuss vorgestellt. Angeschafft und medial ausgestattet wurde es von den Weinheimer Jugendmedien. Vom Stadtseniorenrat und dem Netzwerk Mehrgenerationenhaus soll das Mobil in der Seniorenarbeit und zum Beispiel auf Festen und Zusammenkünften eingesetzt werden. Das Mobil macht Schulungen am Smartphone, am Computer und anderen Endgeräten möglich; es bietet sogar W-LAN. Es kann auch an Vereine ausgeliehen werden. Die Ape sorgte für Staunen und Bewunderung in der Stadthalle – es gibt viel Neues für die älteren Menschen in Weinheim.

Stefanie Grün, die Weinheimer Digitalisierungsbeauftragte, berichtete gemeinsam mit Sven Holland von den Weinheimer Jugendmedien und Lena Loge vom Netzwerk Mehrgenerationenhaus von vielen digitalen Angeboten für Senioren in der Stadt. Geplant ist auch der Erwerb eines „Digital-Führerscheins“ für alle Altersgruppen und Kulturen. Helfen soll auch eine Senioren-App.

Unter anderem wird eine Austausch-Plattform „Pflege“ aufgebaut. Für die Digitalisierung stehen den älteren Menschen unter anderem „Digitallotsen“ zur Verfügung, dazu erläuterte Sonja Kühn aus dem Vorstand des Stadtseniorenrates den aktuellen Stand. Norbert Kramer und Helmut Holland sind die ersten beiden „Digitallotsen“, die Beratung und Schulung anbieten. Im Oktober auf der nächsten kommunalen Pflegekonferenz sollen schon mehr Details der Plattform gezeigt werden.  Im Ausschuss bekamen die Akteure großes Lob für ihre kreativen Ansätze.

Wohin geht der „Altenquotient“?

Weinheim ist eine soziale und seniorenfreundliche Stadt. Wie kann man diese Qualität erhalten oder sogar ausbauen angesichts des voranschreitenden demografischen Wandels und dadurch wachsender sozialer Anforderungen? Fragen wie diese wurden am Mittwoch im Weinheimer Gemeinderats-Ausschuss für soziale Angelegenheiten beraten. Grundlage war ein erster Vor-Entwurf eines „Weinheimer Sozialberichtes“, den das Amt für Soziales, Jugend, Familien und Senioren jetzt dem Gremium als „ersten Aufschlag“ vorgelegt hatte. „Wir befinden uns an einer Startlinie und machen uns auf den Weg“, beschrieb Oberbürgermeister Manuel Just. Es war die letzte kommunalpolitische Sitzung vor der Sommerpause.

Aus den Bericht geht unter anderem hervor, dass Weinheim im Moment die „älteste“ Große Kreisstadt im Rhein-Neckar-Kreis ist. Der so genannte „Altenquotient“ liegt bei 40,1 Prozent, im Landkreis nur bei 37,7 Prozent. Am „jüngsten“ ist Hockenheim mit 33,6 Prozent. Der Altenquotient beschreibt das Verhältnis der älteren Bevölkerung zur Bevölkerung im Erwerbsalter, also nach aktueller Definition der 65-Jährigen und älteren zu den 20 bis unter 65-Jährigen. Ein hoher Altenquotient besagt, dass es relativ viele ältere Menschen in einer Bevölkerung gibt.

Interessant ist: Prognosen im Hinblick auf das Jahr 2035 erwarten für Weinheim einen Quotient von 51,6 Prozent (für den Kreis 52,8 Prozent), für Hockenheim 51,2 Prozent. Heißt also: In etwa 15 Jahren dürfte Weinheim im Durchschnitt der Großen Kreisstädte liegen. Die Angleichung könnte im Zusammenhang stehen mit den Neubaugebieten, die in den nächsten fünf Jahren besiedelt werden. In der Regel ziehen mehr junge Familien zu als ältere Leute.

Das Weinheimer Fachamt hatte den „ersten Aufschlag“ im Wesentlichen auf der Basis des Internetportals „Wegweiser Kommune“ erstellt, der wiederum von der Bertelsmann Stiftung gepflegt wird. OB Just sagte zu, dass die Arbeit an einem Sozialbericht weitergeht, so weit es im Fachamt personell zu leisten ist.

Die statistischen Daten zur Sozialen Lage und zum Arbeitsmarkt in der Stadt weisen für Weinheim im Vergleich zu den anderen Großen Kreisstädten noch keine alarmierenden Zahlen auf. Dennoch müsse die Lage realistisch ernst eingeschätzt werden, hieß es am Ratstisch.

Zum Beispiel liegt die Altersarmut mit 2,1 Prozent unter jener in Sinsheim, Bruchsal oder Bensheim. Auch bei der Kinder- und Jugendarmut sieht es in den Vergleichsstädten schlechter aus. Im Vergleich ist in Weinheim die Frauenbeschäftigungsquote mit 55,1 Prozent vergleichsweise niedrig, ebenso die Zahl der geringfügig Beschäftigten. 25,3 Prozent der Bevölkerung muss sein Gehalt „aufstocken“, dafür ist die Zahl der „Hochqualifizierten am Arbeitsort“ mit 21,4 Prozent vergleichsweise hoch.

Hoffnung auf „Allmendäcker“ und „Westlich Hauptbahnhof“

Mit statistischen Daten arbeitet auch die Kreisseniorenplanung für Weinheim, die Ute Schleh erläuterte, die im Fachamt für den Demografischen Wandel zuständig ist. „Wir stehen nicht schlecht da, aber es gibt noch Luft nach oben“, erklärte OB Just. Da es in Weinheim viele Ein-Personen-Haushalte gibt (36 Prozent) gebe es „viel Potential für frühzeitige Überlegungen zur altersgerechten Wohnanpassung“, wie Ute Schleh erklärte. Sie erwartet aber in den bevorstehenden Neubaugebieten „Allmendäcker“ und „Westlich Hauptbahnhof“ mehr Angebote. Auch die Stadt selbst verbessere sich als Vermieter: Bei der Sanierung des Wohnkomplexes in der Mannheimer Straße werden zehn barrierefreie Wohnungen entstehen.

Sie verwies auch auf die Handlungsempfehlungen aus der Kreisseniorenplanung, in der unter anderem von einer Gesamtstrategie zum „Wohnen im Alter“ die Rede ist, sowie auf kommunale Förderung von inklusiven Wohnformen und Bürgerbeteiligungsprozesse.

Sprecher der Verwaltung und der Fraktionen verwiesen jeweils auf die Weinheimer Netzwerkarbeit am Runden Tisch Demografie, in dessen Umfeld auch eine AG Gesundheitstag arbeitet sowie der Verein „Leben mit Demenz“. Zwei Pflegekonferenzen – die ersten im Kreis –  haben stattgefunden, dazu ein Runder Tisch der ambulanten Pflegedienste. Wichtig seien auch die wissenschaftlich begleiteten Rathausgespräche im zurückliegenden Jahr gewesen. Gut ausgestattet sei Weinheim mit stationären Pflegeeinrichtungen. Es gebe aber trotz Verbesserungen weitere Bedarfe an Tages-, Nacht – oder Kurzzeitpflege.

(Pressemitteilung der Stadt Weinheim, 29. Juli 2021)

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