„Wein ist mehr als ein Getränk“, findet der Schriesheimer Winzer Georg Bielig. So sieht er es: „Wein spiegelt die Landschaft, in dem er gewachsen ist und die Persönlichkeiten wider, die ihn gepflegt haben. Guter Wein entsteht im Weinberg, als Resultat von Boden, Lage, Sorte, Wetter und der Pflege“. Wein, so Bielig, verbinde den Menschen mit der Natur und auch die Menschen untereinander beim Genießen des Weines, ob alleine, zu zweit oder mit guten Freunden.
Das sind weise Worte eines Mannes, der sich um sein Produkt und dessen natürliches Umfeld viele Gedanken macht – und im Wein liegt ja bekanntlich Wahrheit. Für die umweltfreundliche, nachhaltige und regionale Ausrichtung seines Weinbau-Betriebes wurde Bielig am Montag, 2. August, vom Verein „Blühende Bergstraße“ mit einer Urkunde ausgezeichnet, die der Winzer und Familienvater jetzt aus den Händen des Weinheimer Oberbürgermeister Manuel Just verliehen bekommen hat. Der Weinheimer OB ist Vorsitzender der „Blühenden Bergstraße, im Weinheimer Rathaus sitzt auch die Geschäftsstelle des Vereins. Auch Schriesheims Bürgermeister Hansjörg Höfer schloss sich den Glückwünschen an – sichtlich stolz auf die Nachhaltigkeit des Weinbaus in seiner Weinstadt.
„Mit der Geburt unserer Töchter“, berichtete Georg Bielig der Bergstraßen-Delegation, „bekamen wir eine neue Sicht auf viele Dinge. Selbstverständliches wurde hinterfragt mit dem klaren Ergebnis – weg von eingefahrenen Wirtschaftsweisen – her mit neuen Ideen.“ So folgte er dem selbstgesetzten Ziel eines „Enkelfähigen Weinbaus“. Soll heißen: Ein Weinbau, der die Natur bewahrt für weitere Generationen.
Dazu seien, so der Winzer, „robuste Pflanzen nötig sowie ein Umdenken in der Bewirtschaftung der Weinberge und in der Kellerwirtschaft“. 2014 hat Bielig begonnen, neue robuste Rebsorten zu pflanzen. Heute hat er auf 1,2 Hektar seiner rund vier Hektar großen Fläche traditionelle Rebsorten durch besonders widerstandsfähige ersetzt, die wenig Rebschutz benötigen. Er experimentiert hierbei mit neuen Sorten (Weißweine: Muscaris, Souvignier gris, Johanniter, Sauvitage, Cabernet blanc; Rotweine: Cabernet jura, Piroso, Regent, Acolon und weitere).
Dabei will Georg Bielig den heutigen Weinbau nicht verklären; er lebt schließlich auch davon. Aber er arbeitet in Richtung eines naturverträglicheren, den Boden möglichst weniger belastenden Anbaus. Er ist darüber hinaus aufgeschlossen für Ideen zur Erhöhung der Artenvielfalt im Weinberg. Seit zwei Jahren ist Bielig Mitglied im Beratungsdienst ökologischer Weinbau e.V.. In der Praxis im eigenen Betrieb verzichtet er auf der gesamten Rebfläche auf mineralische Stickstoffdünger und Herbizide. Insbesondere bei den neuen Sorten kommen chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel nicht in Frage. Als Alternative finden Komposte, Pflanzenstärkungsmittel und biodynamischen Präparate Verwendung. Begrünungspflanzen erhalten und steigern sogar die Fruchtbarkeit der Böden.
Auch bei der Pflege der Weinberge experimentiert Georg Bielig mit neuen Methoden: Zusammen mit Sandra und Michael Merkel sowie Matthias Ringelspacher hält er elf Ouessantschafe, die den Wingert beweiden und dadurch den Aufwuchs von Beikrätern in Grenzen halten. Sie werden auch Bretonische Zwergschafe genannt, sind weniger als einen halben Meter groß und wiegen keine 20 Kilo. „Im Grunde sind das Rasenmäher mit heckseitiger Düngung”, schmunzelt Bielig. Für ihn sind die Schafe eine längst fällige Ergänzung der Bergsträßer Kulturlandschaft: „Diese braucht ein Zusammenspiel aus Mensch, Tier, Pflanze und Boden. Die ganze Zeit fehlten die Tiere – die haben wir jetzt.” Bielig hat auch vier Thüringer Waldziegen. Ein Grundstück in Steillage, wird durch Ziegen von Unkraut freigehalten. Sie steigen höher als die Ouessantschafe und gehen auch an die Hecken. „Im Grunde fressen die alles“, lacht Georg Bielig.
Das Weingut in der heutigen Form wurde 1994 vom damals erst 18 Jahre alten Georg Bielig gegründet, der damals in der Weinbaulehre war. Es bestand am Anfang aus drei kleinen Weinbergen, einer alten Kelter und einigen Fässern. Durch die Unterstützung der Familie – und ab dem Jahr 2000 von seiner Frau Eva und ihrer Familie – entwickelte sich das Weingut auf seine heutige Größe. Die Wingerte liegen auf Schriesheimer und Dossenheimer Gemarkung. Es handelt sich um alle Lagen von Steillagen bis ebene Flächen.
Im Weinkeller baut Bielig Weine auch in Holzfässern aus und experimentiert mit Quevri (Amphoren). Er entwickelt edle Cuvées und macht Versuche mit schwefelfreiem Weinausbau. „Auch hier ist ein Umdenken notwendig“ sagt Georg Bielig, „Gute, gesunde Trauben benötigen im Keller nichts außer schonende Behandlung und Zeit sich zu entfalten.“ Georg Bielig unterstützt eine Anzahl Hobby- und Kleinwinzer im Steillagenweinbau beim Ausbau ihrer Weine. Als Jäger hat er gute Kenntnisse über die Natur und ein offenes Ohr für Fragen des Natur- und Artschutzes.
Mit den Auszeichnungen möchte der Verein „Blühende Bergstraße“ Erzeuger und Vermarkter regionaler Produkte mit Bezug zum ILEK-Gebiet, ihren Beitrag zum Erhalt der Kulturlandschaft würdigen und in die öffentliche Wahrnehmung bringen. Damit sollen sie selbst auf ihrem Weg ermutigt und unterstützt werden, aber auch Anstoß für andere sein, sich in dieser Weise zu engagieren.
(Pressemitteilung der Stadt Weinheim, 03. August 2021)