Herr Silberbauer, am 8. April stehen Sie in dem Stück „Extrawurst“ in Weinheim auf der Bühne. Es wird als „Dramödie“ beschrieben.  Welche Erfahrungen haben Sie mit diesem Genre? Worin liegt die besondere schauspielerische Herausforderung?
Meine Erfahrungen mit Komödien halten sich in Grenzen. Einmal in den Anfängen meiner sogenannten Karriere, Anfang der 80er am Kellertheater, habe ich die Tragikomödie „Amphitryon“ gespielt. Ich war wohl immer eher dem dramatischen Fach zugehörig, was mir hier aber auch hilft, weil es sich, wie der Name Dramödie schon sagt, um eine Mischform handelt, mit der Herausforderung, beide Genres – Komödie und Drama – zu bedienen.  Aber in jeder Tragödie liegt auch eine Komödie und umgekehrt. Man muss die Elemente der Komödie benutzen – also z. B. schnelle, direkte und schnörkellose Sprache, aber auch die Tiefe, die sich immer wieder auftut. Das Wichtigste ist, das sich die Personen aufder Bühne authentisch zeigen und äußern, ehrlich sind. Sie dürfen vielleicht etwas überziehen, müssen aber immer auf dem Boden bleiben. Es entsteht in der Dramödie „Extrawurst“ ein Teufelskreislauf, der sich immer weiter und schneller dreht, bis er wegfliegt.

Wir stellen uns eine Mischform zwischen Comedy und „ernsthaftem“ Theater vor, wie gut geht das Ihrer Erfahrung nach?
Ganz einfach. Es ist eine ernsthafte Komödie, wobei die Betonung auf ernsthaft liegt. Die Komödie entsteht von selbst aus den Verhaltensweisen der Personen. Aus einem Streit über den Kauf eines zweiten Grills tun sich Welten auf, die aufeinanderprallen, mit dem Ergebnis des totalen Zerwürfnisses. Diese durch einen Grill initiierte Konfrontation und Aufdeckung der einzelnen Einstellungen und Lebensentwürfe macht die Ernsthaftigkeit, aber auch dieKomik des Stücks aus.

Von dem Autorenduo Dietmar Jacobs und Moritz Netenjakob stammt auch die Bühnenfassung. Wie haben Sie die Umsetzung und den Kontakt mit den Autoren erlebt?
Wir hatten leider keinen persönlichen Kontakt zu den Autoren. Aber das Stück spricht für sich, ist verdammt stark. Ich habe mir zwei Inszenierungen in Deutschland angesehen, um auch und vor allem die Reaktion des Publikums zu erleben. Das Stück zündet und zieht die Leute in einen Sog. Aus Spaß wird Ernst mit einem tragischen Ende.

Mit Verlaub, die Handlung wirkt auf den ersten Blick eher banal, es geht um einen neuen Grill für den Tennisclub, dessen Vorsitzenden Sie spielen. Wo liegt Ihrer Ansicht nach die Tiefe des Stücks? Finden Sie es eher lustig oder satirisch-boshaft?
Natürlich ist es satirisch-boshaft. Durch ein vermeintlich banales Thema, der Anschaffung eines Grills für den Club, wird eine Diskussion in Gang gesetzt, die immer aberwitziger wird. Es ist eine Komödie mit Tiefgang, was die Verhaltensweisen der agierenden Personen auslösen: Man will nichts Böses, aber immer mehr verheddert man sich, dreht sich im Kreis, bis alles wegfliegt.

In der Vorschau heißt es, die Zuschauer würden als Vereinsmitglieder direkt einbezogen, das heißt, es ist eine Interaktion zwischen Schauspielern und Publikum geplant?
An manchen Stellen wird das Publikum mit einbezogen. Es ist ja Teil der Mitgliederversammlung, inklusive einer Abstimmung, die wichtig für den Fortgang der Geschichte ist.

Ganz grundsätzlich, Herr Silberbauer, wie fühlt es sich im Moment an, die Menschen zum Lachen zu bringen, während Krieg herrscht in Europa? Wie schwer fällt es auch einem routinierten Profi wie Ihnen, die Außenwelt auszublenden, wenn man auf der Bühne steht?
Vor dem Profi, den Sie ansprechen, kommt der Mensch: Ein Mensch, der fassungslos ist. Diese Zeit ist so unsagbar traurig. Man schaut hilflos zu, wie die Zivilisation abgeschafft wird. Ich hätte das alles nicht mehr für möglich gehalten, aber jetzt hat man uns die Augen geöffnet. Auf der anderen Seite kommen die Menschen gerade jetzt auch wieder zusammen und helfen sich, halten sich fest.

Vielleicht hilft der Abend ein wenig, andere Ansichten, Meinungen und Menschen zu verstehen, auf sie zuzugehen, statt sich gegenseitig auszugrenzen. Man kann nur im Kleinen anfangen, im engen Verbund versuchen, respektvoll miteinander umzugehen.

INFO: „Extrawurst“ am Freitag, 8. April, 20 Uhr (Einlass 19 Uhr) in der Stadthalle. Der Kartenverkauf klappt rund um die Uhr über www.reservix.de im Internet oder an den Vorverkaufsstellen im Kartenshop der Diesbach Medien und in der Tourist-Info am Marktplatz. Fragen und weitere Infos auch unter 06201 / 82-204, kulturbuero@weinheim.de.

Pressemitteilung der Stadt Weinheim, 04. April 2022

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