Szenenapplaus gibt es in politischen Gremien eher selten und eigentlich nie für Personen, die gar nicht selbst im Saal sind. Das war am Mittwochabend im Internationalen Ausschuss in Weinheim anders. Der Beifall galt diesmal einem jungen Mann, der aus Syrien nach Deutschland geflüchtet ist. Er heißt Sorabh Kohani und wohnt in der kommunalen Unterbringung am Sandlochsportplatz im Weinheimer Ortsteil Lützelsachsen. Kohani sprach in fließendem Deutsch in eine Kamera, sprach von seinem Beruf als Busfahrer, seiner Familie und davon, wie er sich über YouTube die deutsche Sprache selbst beigebracht hat. Abgespielt wurde das Video in der öffentlichen Ausschuss-Sitzung, in der es um die aktuellen Berichte zur Anschluss-Unterbringung ging.

Seitens der Stadt berichteten die Weinheimer Integrationsbeauftragte Ulrike Herrmann und Martin Pandikow über die aktuelle Situation; er ist im Amt für Soziales, Jugend, Familie und Senioren für die Koordinierung des Integrationsmanagements zuständig. Im Gremium vertreten sind unter anderem Mitglieder des ehrenamtlichen Arbeitskreis Asyl, die bei der Betreuung der Flüchtlinge eine wichtige Aufgabe übernehmen. Unter anderem wurde gefordert, dass die Stadt den Bewohnern feste Mietverträge ausstellt. Auch die Ausstattung mit WLAN war ein Thema.Grundsätzlich wurde die Stadt von den Vertretern der Kommunalpolitik in ihrem Kurs bestätigt, die Unterbringung dezentral zu organisieren. Ende 2021 lebten insgesamt 343 Flüchtlinge in den neun städtischen Einrichtungen, die für die Anschlussunterbringung noch genutzt werden. Alle Unterkünfte sind  – bis auf die Container in der Gorxheimer Talstraße (aktuell 30 Personen) – nahezu vollständig belegt. Dies betreffe die Standorte Bergstraße (mit 37 Personen belegt), Händelstraße (43), Stettiner Straße (46), Gleiwitzer Straße (52), Wintergasse (46), Seeweg (38), die Wohnungen im Rathaus Oberflockenbach (21) und das Gebäude Am Steinbrunnen (30).

Sorabh Kohani präsentierte sich als leuchtendes Beispiel gelungener Integration. Er ist kein Einzelfall, wie Pandikow und Herrmann betonten. In jeder Unterkunft gibt es eine ganze Reihe von geflüchteten Menschen, die mittlerweile einen festen Arbeitsplatz haben. Die meisten bleiben aber dennoch in einer der Unterkünfte wohnen, weil sie mit ihrem geringen Einkommen auf dem freien Markt keine bezahlbare Wohnung finden. Wie Ulrike Herrmann auf Nachfrage erklärte, steht dort etwa die Hälfte der Personen wirtschaftlich auf eigenen Füßen, auch wenn sie den kommunalen Wohnraum weiter brauchen. Dies sei auch der Grund, dass etliche Familien auch bei einer gelungenen Integration in den Unterkünften einen Platz braucht. Wie Ordnungsamtsleiter Markus Böhm bestätigte, stehen aber in nächster Zeit schon wieder neue Zuweisungen von Flüchtlingen bevor – und das ungeachtet einer derzeit unabwägbaren globalen Lage. 43 Personen könnten noch in diesem Jahr in Weinheim auf der Schwelle stehen. Vor diesem Hintergrund bestätigte Oberbürgermeister Manuel Just, dass die Stadt an dem bereits ausgewiesenen Standort „Schleimweg“ in Sulzbach festhalten will. Just sprach davon, dass man dieses und nächstes Jahr bei der Planung und Vorbereitung vorankommen will, um 2024 weitere Unterkünfte zur Verfügung stellen zu können.

Insgesamt 14,7 Millionen Euro wurden zwischen 2016 und 2020 in den Bau und die Sanierung von Gebäuden der Anschlussunterbringung in Weinheim investiert. Vom Land gab es insgesamt 2,6 Millionen Euro Zuschüsse, 12,1 Millionen Euro musste die Stadt selbst tragen.Fünf hauptamtliche Integrationsmanager (zwei davon in Teilzeit) kümmern sich um die Standorte der Stadt; neben städtischen Mitarbeitern sind dies Beschäftigte der Diakonie, der Caritas und des Deutschen Roten Kreuzes. Für das Jahr 2022 rechnet die Stadt mit Personalkosten in Höhe von 269 000 Euro. Davon sind 152 000 Euro als Landeszuschüsse eingeplant; 117 000 Euro wären dann von der Stadt zu tragen. Unterstützt werden die Integrationsmanager von einem Netzwerk ehrenamtlicher Helfer. Auch in Zeiten von Corona habe sich gezeigt, „dass das Fundament der Flüchtlingsarbeit in Weinheim stabil ist“, heißt es wörtlich in der Sitzungsvorlage.
In einem Bericht der Stabsstelle Integration und Flüchtlingsmanagement zeigte Ulrike Herrmann eindrucksvoll auf, wie viele ehrenamtliche und hauptamtliche Akteure im Bereich der Flüchtlingsarbeit arbeiten – und auch gefordert sind.  

Pressemitteilung der Stadt Weinheim, 16. Februar 2022