„Lassen Sie uns also nicht nur erinnern – sondern lesen. Lesen wir die verbotenen Bücher. Erzählen wir ihre Geschichten weiter.“ Mit dieser Aufforderung eröffnete Weinheims Oberbürgermeister Manuel Just am Sonntag die Gedenkveranstaltung zum Jahrestag der Bücherverbrennung durch das Nazi-Regime, die am 10. Mai 1933 als Datum des Kulturzerfalls in die Geschichte eingegangen ist. In Weinheim hat es mittlerweile Tradition, dass diesem einschneidenden Datum gedacht wird. So wie jetzt – 92 Jahre später.
In seinen einführenden Worten mahnte Manuel Just, auch heutzutage die Vorboten von Zensur zu erkennen. Zensur beginne immer mit einem Zögern und der Angst, etwas laut zu sagen. Dabei sei Meinungsfreiheit die Grundlage der Demokratie, die es zu bewahren gelte. „Demokratie braucht Debatte, Freiheit braucht Widerspruch und Sprache braucht Raum“, betonte er.
Die Frage sei also nicht nur, ob Zensur stattfindet, sondern bereits: „Wo bleiben wir stumm, obwohl wir reden sollten?“ Und er erklärte: „Die Bücher aus aller Welt, die 1933 brannten, sind auch heute noch ein Vermächtnis an uns alle.“ Denn, so Just im Saal der Stadtbibliothek: „Wo Worte leben, da ist Hoffnung“.
Der Weinheimer Historiker Dr. Alexander Boguslawski stellte in diesem Jahr ausländische Schriftsteller in den Mittelpunkt seiner Buch- und Literaturvorstellungen.
Zuvor war OB Just darauf eingegangen, dass Zensur und Repression in etlichen Ländern der Erde immer noch zur Staatsgewalt gehören. Und darauf, dass Menschen im Gefängnis sitzen, weil sie ein Gedicht geschrieben oder einfach nur eine unbequeme Frage gestellt haben.
Er beschrieb: „Zensur ist nicht nur das, was von außen kommt. Sie ist auch das, was wir uns gegenseitig auferlegen – wenn wir nur noch in Lagern denken, wenn wir Andersdenkende sofort zum Schweigen bringen, statt ihnen zuzuhören.“
Alexander Boguslawski erinnerte daran, dass auch öffentliche Bibliotheken unter den Nazis angewiesen wurden, Bücher missliebiger Autoren auszusortieren – leider wirkten manche Bibliothekare sogar aus innerer Überzeugung mit. Die beiden Weinheimer Darsteller Katja Hoger und Holger Mattenklott konnten die bei den Nazis verfemten Autoren bei ihren Lesungen aus den seinerzeit verbotenen Büchern eindrucksvoll lebendig werden lassen. Jürgen Osuchowski rahmte die Veranstaltung kongenial auf der Gitarre ein.
Pressemitteilung der Stadt Weinheim, 12. Mai 2025